Geschichte
BERNA
Die Geschichte der Motorwagenfabrik Berna, Olten
1902
Der Kunstschlosser und Motorenpionier Joseph Wyss baute 1902 sein erstes Automobil in seinen Werkstätten in Bern, deshalb auch der Name “Berna”. 1904 zog er nach Olten, wo neben weiteren Personenwagen 1905 der erste 2-Tonnen Lastwagen entstand.
Früher BERNA Lastwagen
Nach Auseinandersetzungen mit der Belegschaft und den Kapitalgebern schied Wyss bereits 1907 aus dem Unternehmen aus. Zwischen 1908 und 1912 stand die “Berna Commercial Motors Ltd.” unter englischer Führung. In dieser Zeit wurde in erster Linie für den Export produziert, insbesondere nach England, wo sich BERNA-Wagen eines guten Absatzes erfreuten. 1912 übernahm wieder eine schweizerische Firmengruppe die Zügel der Motorwagenfabrik. BERNA konnte sich in den folgenden Jahren gut auf dem einheimischen Markt etablieren. Der 3½-Tönner C2 wurde zwischen 1914 und 1917 in grossen Stückzahlen an die schweizerische Armee geliefert, gleichzeitig bestanden Lizenzfabrikationen in England (British Berna), Österreich (Perl), Ungarn und Deutschland (Krauss). 1916 übernahm BERNA ausserdem die Konstruktionen der Motorfahrzeugfabrik Franz in Zürich (Franz Brozincevic) und rundete damit ihr Programm mit leichteren Fahrzeugen ab.
1914-17Militärlastwagen BERNA C2
In den Zwanzigerjahren führte BERNA seine erfolgreichen Entwicklungen weiter. Unter anderem entstand auch ein traktorartiger Schlepper, der in der Schweizer Armee als Zugfahrzeug im unwegsamen Gelände verwendet wurde. Charakteristisches Merkmal der schweren BERNA Wagen blieb bis in die Dreissigerjahre die BERNA-Ritzelachse, die als besonders einfach und robust galt. Dank einer eigenen Kipphydraulik waren BERNA Wagen bereits in den frühen Zwanzigerjahren beliebte Baustellenfahrzeuge. Die ersten BERNA-Motoren hatten zwei Zylinder. In den Zehner- und Zwanzigerjahren dienten verschiedene hauseigene 4-Zylinder-Benzinmotoren für die Lastwagen und Autobusse.
Hinterachse mit Ritzelantrieb
1929 erwarb BERNA eine Lizenz zur Fabrikation eines Deutz 6-Zylinder-Dieselmotors. 1929 übernahm zudem SAURER die Aktienmehrheit bei der Oltener Motorwagenfabrik. Ausgangs der Zwanzigerjahre verfügte BERNA über eine Typenpalette von 2½ - bis 6 Tonnen Nutzlast mit den Bezeichnungen C, E und G, mit 4-Zylinder-Benzin- und 6-Zylinder Benzin- oder Dieselmotoren.
ab 1932
Ab 1932 standen zusätzlich leichte Lieferwagen im Programm, die nach einer Lizenz der deutschen Adler-Werke gefertigt wurden.
1934BERNA L2 (Lizenz Adler)
Bei den schweren Fahrzeugen gelangten mehr und mehr SAURER-Komponenten, insbesondere Dieselmotoren, zur Anwendung. Mit dem Kriegsausbruch wurden die Typenprogramme von BERNA und SAURER vereinheitlicht; die BERNA-Wagen wurden zu den “U-Typen”, analog zu SAURER's “C-Typen”. Dank der engen Zusammenarbeit mit dem Hersteller der Imbert- Holzgasanlagen rüstete BERNA während den Kriegsjahren zahlreiche Neu- und Umbaufahrzeuge damit aus.
1941BERNA 4UL445 T1-J mit Holzgasanlage
Vom wirtschaftlichen Aufschwung nach dem Krieg konnte BERNA zusammen mit SAURER profitieren. Einerseits wurden weiterhin ganze Fahrzeuge in Olten produziert und montiert, andererseits herrschte ein reger Austausch von Teilen, Komponenten und ganzen Fahrzeugen zwischen den beiden Produktionsstandorten Olten und Arbon. BERNAS's Typenprogramm war identisch mit demjenigen von SAURER.
1951Montage der leichten OM-Lieferwagen
1951 begann ausserdem bei BERNA auch die Montage der leichten OM-Lieferwagen, deren Motoren auf einer SAURER-Entwicklung beruhten.
1952BERNA Allradkipper 5UM534 T2-H
In den Sechzigerjahren wurde die V-Generation (analog zu SAURER's D-Generation) eingeführt, deren Weiterentwicklung zusammen mit den entsprechenden SAURER-Fahrzeugen kontinuierlich voranschritt. Es standen Front- und Normallenker von 12 bis 16 Tonnen im Programm. Die Normallenker waren auch als Allrad-Fahrzeuge erhältlich. Fahrzeuge des italienischen Herstellers OM, die von BERNA und SAURER vertrieben wurden, rundeten das Typenprogramm nach unten ab.
1960erBERNA 5VUP554
In den Sechzigerjahren wurde die V-Generation (analog zu SAURER's D-Generation) eingeführt, deren Weiterentwicklung zusammen mit den entsprechenden SAURER-Fahrzeugen kontinuierlich voranschritt. Es standen Front- und Normallenker von 12 bis 16 Tonnen im Programm. Die Normallenker waren auch als Allrad-Fahrzeuge erhältlich. Fahrzeuge des italienischen Herstellers OM, die von BERNA und SAURER vertrieben wurden, rundeten das Typenprogramm nach unten ab.
1971
Die beiden bis anhin getrennten Verkaufsorganisationen von SAURER und BERNA werden zusammengelegt und neu organisiert.
1974
Die eigenständige Fahrzeugproduktion in Olten wurde indessen 1974 zu Gunsten von SAURER's neuer Montagestrasse aufgegeben (Fliessband mit einer Kapazität von 1500 Fahrzeugen pro Jahr).
Von diesem Zeitpunkt an war die Motorwagenfabrik BERNA in erster Linie Komponentenlieferant für SAURER, oder sie führte Entwicklungsaufträge für Arbon aus. So entstand in Olten zum Beispiel der Zentralrohrrahmen der Reisebusse, die ab 1978 im SAURER/BERNA-Programm standen.
Ende der 70er
Gegen Ende der Siebzigerjahre zierte immer seltener ein BERNA-Emblem die Frontpartie eines SAURER/BERNA-Fahrzeuges.
1982Nutzfahrzeuggesellschaft Arbon und Wetzikon (NAW)
1982 gingen BERNA's Aktivitäten im Fahrzeugbau zusammen mit denjenigen von SAURER in die von Mercedes-Benz gegründete Nutzfahrzeuggesellschaft Arbon und Wetzikon (NAW) über. Wie es dieser neue Name bereits antönt, wurde der Fahrzeugbau in Olten damit vollständig aufgegeben.
© 1999 Samuel Streiff / SAURER-CLUB